Flora indicativa von Prof. Elias Landolt et al

Buchcover: CityTrop von Jonas Reif

Update 17.11.22: In der Zwischenzeit ist auch mir der Hinweis auf die Datenbank zum Buch erschienen. Damit lässt sich tatsächlich hervorragend arbeiten. Insofern ist mein Rand hier natürlich hinfällig:

Nachdem ich mir „Flora indicativa“ nun endlich zugelegt habe, möchte ich entweder meinen Optiker oder den im Verlag für das Layout Verantwortlichen zumindest ein paar Stunden, mit Verlaub, ausgiebig einem Stauden Boarding unterziehen. Waren es 1974 bei Ellenberg: „Zeigerwerte der Gefäßpflanzen Mitteleuropas“ zum Beispiel gut lesbare 47 Zeilen auf 18 cm, pressen unsere Freunde vom Haupt Verlag hier glatt 89 Tabellenzeilen auf nur 25,1 cm. Hinzu kommt ein unerträglich bis unnötig enger Zeichenabstand eines Condensed Fonts, der ausgerechnet bei den Strategietypen zusammenklumpt und somit kaum noch lesbar ist. (An dieser Stelle möchte ich kurz den Werbeblock eröffnen und auf den Hersteller meiner Lieblingseinschlaglupe verlinken. Offensichtlich benötige ich diese nun auch zum Lesen.)
Ich kenne selbst Telefonbücher von Metropolen, die deutlich lesbarer sind.

Genug gejammert!

Grundsätzlich gefällt mir die hier verwendete Bezeichnung der Strategietypen mit konsequent drei Stellen aus den bekannten Haupttypen: ccc, ccr, crr oder rrr. Das ist deutlich anschaulicher und „berechenbarer“ als die in ihrer Komplexität kaum zu toppenden Bezeichnungen S-CS, R-CSR, RS oder C.‘ Kein Wunder, dass so viele Planer und Staudengärtner dieses Modell so offen ablehnen. In der Pflanzenverwendung bevorzuge ich persönlich allerdings die ursprüngliche Ausdifferenzierung, weil sie Trennschärfe bietet, wo sie durchaus noch sinnvoll ist.
Auch in einem weiteren Punkt sind unsere Nachbarn in der Schweizer klar im Vorteil, denn ihre Ordinalzahlen gehen von 1 bis 5, während im Norden ganze zwei Stellen bemüht werden. (Was im Layout zusätzlichen Platz einfordert hätte! ;-) Die sonstigen Vor- und Nachteile zwischen beiden Skalen wurden bereits umfangreich diskutiert. Aus gärtnerischer Sicht, ist mir die schweizerische Einteilung deutlich sympathischer und ausreichend.

Ökologische Zeigerwerte und biologische Kennzeichen

Warum sind die ökologischen Zeigerwerte, sowie biologischen Kennzeichen und damit dieses Buch so wertvoll für gärtnernde Menschen und die Planung?

Der wichtigste Aspekt ist die genaue Bestimmung und Beschreibung der bereits vorhandenen Vegetation am Ort der Planung. Auf Grundlage dieser Informationen lässt sich der Standort, beziehungsweise seine verschiedenen Gartenbereiche ziemlich genau beschreiben. Das ermöglicht zuverlässige Prognosen darüber, welche ähnlichen Pflanzen als gärtnerisches Angebot dort gedeihen dürften. Genau hierbei helfen die Zeigerwerte nach Ellenberg und in der Schweiz nach Landolt, wie auch andere Informationen über die regionale Flora.
Auch wenn immer wieder betont wird, dass die Zeigerwerte aus Beobachtungen im Gelände resultieren und nicht experimentell abgesichert sind, verliert dieser Einwand seine Berechtigung, je mehr Zeigerpflanzen am Standort des zukünftigen Gartens vorgefunden werden. Ausreißer können als solche identifiziert werden oder verlieren zumindest an Relevanz, denn Fehldeutungen werden ab einer gewissen Quantität deutlich unwahrscheinlicher.

Je nach Gartenprojekt gelangen wir zunehmend zu einer Gartengestaltung, die heimische Stauden berücksichtigt und einen schonenden Umgang mit den vorhandenen Ressourcen sucht. Neben der wohl wichtigsten Ressource Wasser wäre das insbesondere die für den Erhalt der Pflanzung und deren Entwicklung erforderliche Arbeitszeit. Deren Verbrauch wächst regelmäßig und proportional zur Abweichung von einer „natürlichen“ Pflanzenverwendung“. Insbesondere die Missachtung typischer Soziabilität (Was Gärtner gerne Geselligkeit nennen.) sowie der standortgerechten Staudenverwendung resultiert mittelfristig in deutlich mehr Pflege als ein Gärtnern „mit der Natur“, also der Berücksichtigung individueller Pflanzenbedürfnisse oder jener einer Gesellschaft. Stichwort: pflegeleicht!
Welche Relevanz die Strategietypen bei der Pflanzplanung spielen, haben Till Hofmann und ich in einem Beitrag für die Gartenpraxis erläutert.
Die Beobachtung der Natur – auch die wissenschaftliche – führt immer! zu einem besseren gärtnerischen Verständnis und hilft uns nachhaltiger zu planen. Dafür sind Bücher wie „Flora indicativa“ unerlässlich.

Das Buch „Flora indicativa“ kann direkt beim Haupt-Verlag bestellt werden.

 

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Diese Seite ist Teil einiger Informationsseiten mit gärtnerischem Fachwissen und Meinungsbeiträgen (Blog). Sie dienen dem Interesse an der Arbeitsweise des Gartenplaners Torsten Matschiess und seinem Studio für Pflanzplanung und Gartengestaltung. Die Seiten werden laufend erweitert. Weitergehende Informationen finden Sie im Gartenratgeber und SPIEGEL-Bestseller "Und es wächst doch!", sowie im ebenfalls preisgekrönten "Avantgardening: Plädoyer für gegenwärtiges Gärtnern" über naturalistische Gartengestaltung und die erfolgreiche Erschließung großer Gärten.


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